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Streit über Polizeieinsatz bei AfD-Versammlung

Streit über Polizeieinsatz bei AfD-Versammlung
Hessens Innenminister Poseck spricht von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen", Demonstrierende von "massiver Polizeigewalt - nach dem Polizeieinsatz bei der AfD-Versammlung in Gießen gehen die Bewertungen weit auseinander. 

Nach der Großdemonstration gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation am Samstag in Gießen mit zehntausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern geht es in der politischen Bewertung nun vor allem um die Gewalttaten einiger hundert Demonstranten und die Härte des Polizeieinsatzes.
Laut Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) wurden bei den Protesten bis zum frühen Samstagnachmittag 10 bis 15 Beamte leicht verletzt. "Ich verurteile diese Gewalt massiv", hatte er bereits in einer ersten Einschätzung der Lage kurz danach gesagt.

Poseck: "Bürgerkriegsähnliche Zustände verhindert"

Am Sonntag bekräftigte der CDU-Politiker seine Einschätzung: "Ohne die Polizei wäre es in Gießen zu schwersten Gewalttaten und bürgerkriegsähnlichen Zuständen gekommen."
Auch wenn Poseck selbst einräumte, dass der überwiegende Teil der Demonstranten friedlich geblieben sei, sagte er, die Polizei habe "weitere Eskalationen verhindert" und das Recht auf Versammlungsfreiheit durchgesetzt.

Straßenblockaden zur Verhinderung einer Versammlung wie in diesem Fall der AfD-Veranstaltung seien "nach der sehr klaren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zulässig". Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags stützt diese Sicht.
Der Zweck heilige nicht die Mittel, sagte Poseck: "Es ist folgerichtig, notwendig und auch zulässig, dass die Polizei dann Zwangsmittel einsetzt."
Bei den Protesten sind nach Angaben des Polizeipräsidiums Mittelhessen drei Menschen zwischenzeitlich festgenommen worden. Sie seien am Samstag alle nach kurzer Zeit wieder aus der Gewahrsamsstelle entlassen worden, sagte Präsident Torsten Krückemeier. Es seien 25 Strafanzeigen gefertigt worden.

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Proteste gegen AfD-Jugend in Gießen

Tastatursteuerung Bildergalerie aktivierenPolizisten und Demonstranten in Gießen am Samstag
Viele Menschen kamen nach Gießen, um friedlich gegen die AfD zu protestieren.
Straßenblockade in Gießen - mit Aktionen auf Autobahnen und Bundesstraßen versuchten Demonstranten die Zuwege zur Halle der AfD zu blockieren.
Ein Motivwagen mit einem Hai mit der Aufschrift "Wir sind mehr!".
Eine riesige Regenbogenfahne wird von Demonstrierenden als Protest gegen die AfD-Jugend ausgerollt.
Die Polizei setzte in Gießen auch Wasserwerfer gegen Demonstranten ein.
Wasserwerfereinsatz gegen Demonstranten in Gießen
An verschiedenen Orten gab es Kundgebungen und Proteste, Teiler der Demonstrierenden versuchten, Straßen zu blockieren.
Polizei und Demonstranten treffen auf der B429 nahe der Lahnbrücke aufeinander.
Polizisten sperren eine Straße in der Nähe der Gründungsversammlung der neuen AfD-Jugendorganisation.
Plakate in der Gießener Innenstadt als Protest gegen die AfD-Veranstaltung.
Plakate in der Gießener Innenstadt als Protest gegen die AfD-Veranstaltung.
Demonstranten protestieren gegen die Gründungsversammlung der neuen AfD-Jugendorganisation und halten ein Banner mit der Aufschrift "Faschismus begraben - AfD zerschlagen".
Viele Protestierende hatten kreative Plakate dabei.

Ministerpräsident appelliert an politische Linke

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) appellierte an die politische Linke: "Es wäre wünschenswert, dass sich die gemäßigten Linken von diesem Gewaltwochenende von Gießen distanzieren und sich für einen demokratischen Umgang einsetzen auch mit jenen, die wir aus guten Gründen ablehnen und mit denen wir politisch nichts zu tun haben wollen", wird er am Sonntag in der Zeitung "Welt" zitiert.
Wer mit Gewalt, Bedrohungen und aggressiven Aufmärschen versuche, Versammlungen zu verhindern und zu attackieren, schütze die Demokratie nicht, sondern greife sie an. Nur dank eines mutigen und entschlossenen Vorgehens der Polizei seien massive Zerstörung, schwere Verletzungen und Schlimmeres verhindert worden. "Die Gewaltmärsche von Gießen waren ein linker Tiefpunkt", sagte Rhein.

Demonstranten beklagen "massive Polizeigewalt"

Am Samstag war es nach Angaben der Polizei in und um Gießen neben friedlichem Protest auch zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Autobahnen, Bundesstraßen und Landstraßen wurden durch Demonstrationszüge und selbstgebaute Barrikaden blockiert.
Das Bündnis Widersetzen hatte dezidiert dazu aufgerufen, die Gründungsversammlung der Nachfolgeorganisation der als rechtsextrem eingestuften im Frühjahr aufgelösten Jungen Alternative möglichst zu verhindern. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.

Das Bündnis beklagte eine teils "massive Polizeigewalt" und verletzte Demonstranten. Es habe Einsätze von Schlagstöcken, Wasserwerfern und Pfefferspray gegeben. Im Netz wurden mehrere Videos von Polizeikräften verbreitet, die auf Protestierende einschlagen und breitflächig Pfefferspray einsetzten.

Anwalt: "Offensichtlich rechtswidrig"

Der Marburger Rechtsanwalt Jannik Rienhoff, der einige in Gewahrsam genommene Aktivisten des Bündnisses vertritt, sagte, Polizisten seien teils gegen Leute angerannt und hätten "draufgeschlagen", was "offensichtlich rechtswidrig" sei. 
Personen, die in Gewahrsam genommen worden seien, sei es nicht ermöglicht worden, zu telefonieren - obwohl eigentlich klar sei, dass Menschen in Gewahrsam ihre Anwälte anrufen dürften, kritisierte Rienhoff.
Polizeipräsident Krückemeier widersprach dieser Darstellung. Er gehe davon aus, dass die Rechte festgenommener Personen zu jeder Zeit berücksichtigt worden seien. Hinweise auf eine unrechtmäßige Anwendung gebe es bislang nicht. 
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds Hessen-Thüringen, der die größte Einzeldemonstration mit rund 20.000 Teilnehmern organisiert hatte, dankte am Sonntag der Polizei: "Die Zusammenarbeit mit den Ordnungskräften war gut und von gemeinsamer Verantwortung geprägt."
Bedauerlicherweise habe es unter Beamten wie unter Demonstranten Verletzte gegeben: "Diese Vorfälle müssen auf beiden Seiten aufgeklärt werden", forderte er.

AfD bedankt sich bei Polizei

Die innenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion im Landtag, Sandra Weegels, bedankte sich am Sonntag in einer Mitteilung bei den Beamten: "Dass die AfD ihr demokratisches Recht, eine Parteijugendorganisation zu gründen, am Samstag in Gießen ausüben konnte, ist vor allem dem sehr professionellen Einsatz der Polizei zu verdanken."

Verspäteter Start der AfD-Veranstaltung

Tausende Polizisten aus 15 Bundesländern waren am Samstag im Einsatz. Es war nach Behördenangaben einer der größten Polizeieinsätze in der Geschichte Hessens.
Aufgrund der Blockaden erreichten AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla sowie viele Gäste die Hessenhalle verspätet. Der Parteitag begann mehr als zwei Stunden später, gegen 13 Uhr waren rund 750 Teilnehmer eingetroffen.
Hier der Liveticker zum AfD-Treffen in Gießen zum Nachlesen.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 30.11.25, 19:30 Uhr

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