Mit 100.000 KI-Chips will die Schwarz-Gruppe nicht nur eigene Daten verarbeiten, sondern vor allem Cloud-Dienste für externe Kunden anbieten. Dafür investiert der Discounter-Konzern elf Milliarden Euro im brandenburgischen Lübbenau.
Schwarz-Gruppe baut in Lübbenau ein riesiges Rechenzentrum
laut Konzern mit elf Milliarden Euro größte Einzelinvestition seiner Geschichte
zehntausende KI-Chips sollen dort Daten verarbeiten und Cloud-Dienste anbieten
Standort nutzt alte Kraftwerks-Infrastruktur, läuft künftig mit Ökostrom und soll ab 2027 schrittweise in Betrieb gehen
Der Konzern Schwarz-Gruppe, zu dem sowohl Lidl als auch Kaufland gehören, investiert elf Milliarden Euro in ein neues Rechenzentrum in Lübbenau (Oberspreewald‑Lausitz).
Es handele sich um die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte, sagte Christian Müller, Co-Vorstandschef von Schwarz Digits - der Digital-Sparte des Konzerns - beim Spatenstich am Montagvormittag auf der Baustelle in Lübbenau.
Das alte Kohlekraftwerksgelände in Lübbenau: Auf 130.000 Quadratmetern entsteht hier das Rechenzentrum (Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt)
Bis zu 100.000 KI-Spezialchips sollen installiert werden
Der erste Bauabschnitt des "Schwarz Digits Datacenter" soll bis Ende 2027 fertiggestellt werden. Das Rechenzentrum wird nach Angaben des Unternehmens im Regelbetrieb mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben. Die Anlage wurde mit einer Anschlussleistung von zunächst rund 200 Megawatt geplant und ist in zwei Bauabschnitten modular erweiterbar.
Bis zu 100.000 KI-Spezialchips (GPUs) können dadurch künftig im Rechenzentrum in Lübbenau installiert werden. Zum Vergleich: Das neue Rechenzentrum, das die Deutsche Telekom und Nvidia derzeit in München bauen, soll mit 10.000 GPUs laufen.
In dem Rechenzentrum in Lübbenau sollen die Spezialchips auch für das Training großer Modelle mit KI-Inferenz eingesetzt werden. Das sind Computermodelle, die darauf trainiert wurden, viele Informationen zu verstehen und daraus sinnvolle Vorhersagen oder Antworten zu machen.
Ein Vorteil für die Region: Die Abwärme der Rechner soll in das Fernwärmenetz des regionalen Energieversorgers Süll eingespeist und an die Fernwärmekunden in Lübbenau und Umgebung verteilt werden.
CO-CEOs von Schwarz Digits, Christian Müller (links) und Rolf Schumann, bei der Veranstaltung zum Spatenstich (Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt)
Digitalminister: "Unabhängigkheit in den Fokus rücken"
Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) sagte, Deutschland brauche Rechenpower, um in der ersten Liga bei Künstlicher Intelligenz mitzuspielen. "Nur mit leistungsfähigen Rechenzentren können wir KI-Anwendungen im großen Stile einsetzen und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken." Dieses Projekt zeige, dass Deutschland über das Können und die Kompetenzen verfüge, seine digitale Souveränität voranzubringen. "Heute ist ein guter Auftakt für eine Woche, in der wir die Stärkung unserer eigenen technologischen Fähigkeiten und unsere Unabhängigkeit in den Fokus rücken." Wildberger und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) empfangen am Dienstag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie fast alle Digitalminister Europas zu einem IT-Gipfel.
Der "Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen" zufolge sind Rechenzentren das "Rückgrat der Digitalisierung". "Sie liefern die Rechen- und Speicherleistung, auf der heute nahezu alle Abläufe in Wirtschaft, Verwaltung und Alltag beruhen", sagte Allianz-Sprecher Béla Waldhauser.
Ähnliche Strategie wie Amazon
Die Schwarz-Gruppe verfolgt mit ihren Rechenzentren eine ähnliche Strategie wie der weltweit größte Online-Händler Amazon. Mitte der 2000er-Jahre begann Amazon damit, eigene IT-Infrastruktur auch extern als Service anzubieten. Heute sind die Amazon Web Services (AWS) weltweit führend im Bereich Cloud-Infrastruktur - noch vor Microsoft Azure und Google Cloud.
Cloud bedeutet, dass Speicherplatz, Datenbanken und verschiedenste Rechenleistungen aus vernetzten Rechenzentren über das Internet angeboten werden. Cloud-Anwender müssen sich dabei nicht selbst um die Wartung der Hard- und Software kümmern.
Fast 600.000 Mitarbeiter weltweit
Als Muttergesellschaft von Kaufland und Lidl ist die Schwarz-Gruppe selbst ein großer IT-Anwender. Die beiden Supermarktketten haben in den vergangenen Jahren ihr Filialnetz stetig ausgebaut. Insgesamt betreiben sie nun rund 14.200 Geschäfte in 32 Ländern. Die Gruppe beschäftigt inzwischen rund 595.000 Mitarbeiter.
Im neuen Rechenzentrum in Lübbenau werden aber nicht nur eigene Daten erarbeitet - also Daten aus Liefer- und Bestellprozessen, Bezahlvorgängen und Kundenbindungsprogrammen. Vielmehr sollen Speicher und Rechenleistung auch externen Kunden angeboten werden.
Warum gerade in Lübbenau?
Für den Standort Lübbenau spricht, dass es dort eine exzellente Stromversorgung gibt. Die Schwarz-Gruppe kann dabei die Infrastruktur nutzen, die einst für ein Braunkohlekraftwerk gebaut wurde. Das Kraftwerk wurde im Sommer 1996 stillgelegt. Die Anbindung an das Stromverteilung- und Übertragungsnetz ist aber noch vorhanden und funktioniert bestens.
Gut versorgt ist die Stadt auch mit einer Glasfaseranbindung. So betreibt die Deutsche Telekom einen größeren Verteilknoten in der Lübbenauer Neustadt. Und da sich die Daten in einer Glasfaserleitung in Lichtgeschwindigkeit bewegen, spielen auch Entfernungen wie die 100 Kilometer nach Berlin keine größere Rolle.
Wie steht Deutschland im Vergleich da?
Nach Angaben der "Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen" ist Deutschland der führende Rechenzentrumsstandort in Europa. Demnach verfügen deutsche Rechenzentren derzeit über eine Gesamtleistung von rund 2,4 Gigawatt. Im internationalen Vergleich bleibe die Bundesrepublik aber deutlich hinter USA und China zurück. Demnach kommt die USA auf etwa 40 Gigawatt Rechenzentrumsleistung.
Die zentrale Lage in Europa, die Nähe zum Internetknoten in Frankfurt am Main und die stabilen Netze mit geringer Ausfallgefahr machten Deutschland attraktiv. Ein Minus sind laut der Allianz aber die hohen Stromkosten und die lang dauernden Genehmigungsverfahren.
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