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Einlenken oder dagegenhalten?

Einlenken oder dagegenhalten?
Wegen eines fragwürdigen Zusammenschnitts in einer BBC-Dokumentation droht US-Präsident Trump dem Sender mit einer Milliardenklage. Die BBC muss bis Freitag auf sein Ultimatum reagieren - ohne Führungsspitze. 

Wenn sich Breaking News wie Anschläge oder Naturkatastrophen ereignen, begleitetet die BBC das mit einem Live-Ticker im Internet. Seit am Sonntagabend BBC-Intendant Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness ihren Rücktritt erklärten, ist auf der BBC-Webseite ein Live-Ticker in eigener Sache aktiv - so groß ist die Krise, so atemlos die Entwicklungen.
Nach dem Rücktritt des Spitzenduos hatte BBC-Aufsichtsratschef Samir Shah für einen Bearbeitungsfehler um Entschuldigung gebeten. In einer "Panorama"-Dokumentation, ausgestrahlt wenige Tage vor den US-Wahlen im November 2024, war eine Rede von US-Präsident Donald Trump so zusammengeschnitten worden, dass es so klang, als habe er am 6. Januar 2021 einen direkten Aufruf zum Sturm auf den Parlamentssitz, das Kapitol, formuliert.

Trump fordert Entschuldigung und Entschädigung

Trotz Shahs Entschuldigung droht Trump der BBC nun mit einer Milliardenklage. Ob er sich auch bei Trump persönlich entschuldigen werde, wurde Shah gefragt: Man habe Post vom Präsidenten erhalten und werde prüfen, wie man reagiert, antwortete der Chef des Aufsichtsrats. Bis Freitag, 23 Uhr deutscher Zeit, haben Trumps Anwälte der BBC eine Frist gesetzt, um seinen Forderungen nachzukommen.
Der US-Präsident verlangt von der BBC, "eine vollständige und faire Richtigstellung der Doku zu veröffentlichen", sich bei Trump "für die falschen, verleumderischen, herabsetzenden, irreführenden und hetzerischen Aussagen" zu entschuldigen und ihn "angemessen für den entstandenen Schaden zu entschädigen".

Medienrechtler: Wenig Chance auf erfolgreiche Klage

Die Doku ist in der BBC-Mediathek, dem iPlayer, nicht mehr abrufbar und wurde nie in den USA ausgestrahlt. Das könnte grundsätzlich problematisch sein, falls Trump klagen wolle, meint Medienrechtler Mark Stephens in einem BBC-Bericht. Was möglichen Schadenersatz angehe, so müsste Trump nachweisen, dass ihn der Film - ausgestrahlt wenige Tagen vor den Wahlen, die er gewann - wirklich beschädigt habe.
Denn, so Stephens, Trumps Ruf sei bereits durch neun Gerichtsverfahren, etliche Kongressanhörungen und die weltweite Berichterstattung über seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol angeschlagen. Weitere Gerichtsverfahren gegen ihn seien anhängig. Dass ausgerechnet "Panorama" sein Ansehen nun zusätzlich beschädigt haben solle, dürfte schwer zu belegen sein, sagt der Jurist. 

Immer wieder Klagen gegen Medien

Seit seinem Amtsantritt hat Trump schon eine ganze Reihe von US-Medien mit Klagen überzogen oder damit gedroht. Dabei hat er zum Teil auch erhebliche Vergleichssummen eingestrichen. Dem US-Sender CBS-News warf er zum Beispiel vor, eine Aussage seiner Konkurrentin Kamala Harris im Wahlkampf zu ihren Gunsten gekürzt zu haben. CBS-News kostete der Vergleich 16 Millionen Dollar. 
Auch dem US-Sender CNN drohte er unlängst mit Klage. CNN-Medienjournalist Brian Stelter rät der BBC in der Sendung "Newsnight", die Nerven zu behalten: Manchmal klage Trump, oft aber auch nicht. Seiner Erfahrung nach sei es besser, Trump stark entgegenzutreten, als vor seinen Drohungen einzuknicken. 
Im Übrigen ist Stelter überzeugt, dass Trump die fragliche Doku nicht gesehen habe, denn in dem Film kämen viele Trump-Unterstützer zu Wort. Das hätte dem Weißen Haus eigentlich gefallen müssen, so der Journalist.

Britische Kulturministerin steht hinter BBC

Die BBC steht vor existenziellen Entscheidungen. Auf Trumps Forderungen eingehen? Eine Entschädigung aushandeln oder eine Klage riskieren? Das sind derzeit Milliarden-Dollar-Fragen, die sie parallel zur eigentlichen Krise, dem Verlust ihrer Führung und Vorwürfen wegen angeblicher Parteilichkeit, beantworten muss.
Labour-Kulturministerin Lisa Nandy stellte sich am Abend im Unterhaus fest an die Seite des öffentlich-rechtlichen Senders und warnte die Opposition davor, die Krise der BBC politisch zu instrumentalisieren und auszunutzen.
"Diejenigen, die hier die BBC von linker oder rechter Seite attackieren, weil sie nicht deren eigene Sichtweise vertritt, sollten sich klar machen, was gerade auf dem Spiel steht", sagte Nandy. Es sei ein fundamentaler Unterschied, ob man tatsächliche Fehler benenne oder die Institution insgesamt unablässig angreife.  

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