< Mit hohlen Kabeln Richtung Lichtgeschwindigkeit » Informationsagentur. "HAMSINF"

Mit hohlen Kabeln Richtung Lichtgeschwindigkeit

Mit hohlen Kabeln Richtung Lichtgeschwindigkeit
Glasfaserkabel sind schnell, aber nicht perfekt. Ein neues Kabeldesign setzt auf weniger Glas und mehr Luft - und ermöglicht fast Lichtgeschwindigkeit. Beobachter sprechen von einem möglichen Meilenstein. 

Ein neues Glasfaserkabel kann Signale fast mit Lichtgeschwindigkeit weiterleiten und damit in Zukunft Netzwerke noch mal deutlich verbessern. Das berichtet ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift Nature Photonics.
Das neue Kabel ist 45 Prozent schneller als die bisherigen Glasfaserkabel. "Was man hier erreicht, ist so ziemlich die maximale Geschwindigkeit, die man sich in einem Kabel vorstellen kann", sagt Markus Schmidt vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien. Er kennt viele beteiligte Wissenschaftler der Studie persönlich.

Wie Luft das Kabel schneller macht

Glasfaserkabel übertragen Lichtsignale, die am Ende wieder in elektrische Signale umgewandelt werden. Das funktioniert bereits sehr gut, aber nicht perfekt. Denn die Glasfasern absorbieren, also schlucken, einen Teil des Lichts. Die Signale werden daher jeden Kilometer schwächer und müssen verstärkt werden.
Mit dem neuen Glasfaserkabel sind diese Verluste deutlich geringer. Das Geheimnis dahinter ist ein komplizierter Mantel aus Glasfasern, aber vor allem ein Hohlraum aus Luft. Der Kern besteht aus Luft, das Licht wird durch den Mantel der Glasfasern im Inneren des Kabels gehalten. So werden schnellere Übertragungsraten möglich, weil die Lichtsignale direkt nur über die Luft übertragen werden.
"Man erreicht also fast Vakuum-Lichtgeschwindigkeit wie im Weltall", sagt Markus Schmidt. Und die Verluste seien viel geringer als mit den bisherigen Kabeln. "Man braucht nur halb so viele Verstärker. Das ist eine wahnsinnige Verbesserung", so Schmidt.

Mehr Daten parallel unterwegs

Die Übertragung ist allerdings nicht nur schneller, sondern es können auch mehr Daten parallel geschickt werden. Durch den hohlen Kern können die Signale über ein viel breiteres Spektrum von Lichtwellenlängen transportieren werden. Das Kabel kann fast alle Farben des Lichts nutzen.
"Man kann eine riesige Bandbreite erzeugen, kann im Prinzip mehr Farben dadurch transportieren", sagt Schmidt. Das führt zu deutlich höheren Datenraten - ein entscheidender Vorteil angesichts des rasant wachsenden Datenverkehrs durch Streaming, Cloud-Anwendungen und KI. "Mehr Daten können verschickt werden, und die Daten werden schneller von A nach B verschickt", sagt Michael Frosz vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts.

Ziehtürme stellen schon heute das neue Kabel her

Glasfaserkabel werden in Ziehtürmen hergestellt. Hier wird Glas zunächst erhitzt, dann werden daraus kleine Glasfasern gezogen. Ein aufwändiger Prozess, vor allem, wenn jetzt noch ein hohler Kern in dem Kabel entstehen muss. Doch es gibt bereits erste Ziehtürme, die die neuen Glasfasern herstellen, sagt Markus Schmidt. Die Kapazitäten würden gerade deutlich ausgebaut.
"Man will jetzt in der Herstellung von 10.000 Kilometer pro Jahr auf über eine Million Kilometer pro Jahr kommen." Von den herkömmlichen Glasfasern würden derzeit jedes Jahr etwa 400 Millionen Kilometer produziert werden.

"Microsoft setzt das schon heute ein"

Eine Million Kilometer ist also erst der Anfang, aber schon heute sind Daten- und Rechenzentren in den USA teilweise mit den neuen Hohlkern-Kabeln verbunden, sagt Schmidt: "Microsoft setzt das schon heute ein: Erste Datencenter in den USA sind mit den Hohlkernfasern verbunden." Dort testet man vor allem die Vorteile für Hochleistungsrechner und Cloud-Anwendungen - mit dem Ziel, die Datenübertragung nicht nur schneller, sondern auch stabiler und energieeffizienter zu machen.
Auch für Unterseekabel oder große Fernleitungen sehen Fachleute große Chancen. Dort könnte das neue Kabel Verstärkerstationen einsparen und so Kosten und Energieverbrauch senken. Doch noch ist die Herstellung der neuen Hohlkern-Glasfaserkabel deutlich teurer, sagt Michael Frosz: "Die neuen Fasern kosten 500 bis 1.000 Euro pro Meter, die bisherigen nur einige Cent pro Meter." Ganze Unterseekabel werden damit wegen der höheren Kosten erst einmal nicht umgesetzt, sagt Michael Frosz.

"Infrastruktur für das KI-Zeitalter"

Microsoft ist auch an der aktuellen Studie beteiligt und hat großes Interesse an dem neuen Glasfaserkabel. 2022 hat das Tech-Unternehmen das Start-up Lumenisity übernommen, das Francesco Poletti geründet hat, einer der Autoren der Studie. Er arbeitet mittlerweile für Microsoft.
2023 hat das Unternehmen die neuen Datenkabel schon als "Spitzentechnologie" vorgestellt und vergangenes Jahr als zentrale "Infrastruktur für das KI-Zeitalter" bezeichnet. "Für die Verbindungen zu den Chips können die neuen Kabel in den KI-Rechenzentren verwendet werden - um das KI-Training zu verbessern", so Schmidt.
Gerade bei KI-Anwendungen, bei denen riesige Datenmengen zwischen spezialisierten Prozessoren hin- und hergeschoben werden müssen, kann jede Millisekunde zählen. Weniger Latenz, also Verzögerung, und höhere Bandbreiten sorgen für schnellere Trainingsphasen. Die Systeme können dann effizienter zusammenarbeiten.

Nächster Schritt für moderne Telekommunikation

In Zukunft soll die Technik in den Rechen- und Datenzentren und vor allem auch zwischen den Zentren eingesetzt werden, sagt Schmidt: "Da werden jetzt in den USA alle 40 Kilometer Datencenter um die Städte platziert, und die sollen alle perspektivisch mit den Hohlkern-Fasern verbunden werden."
Technisch könnte die Entwicklung zu einem weiteren Meilenstein in der Geschichte der Kommunikation werden: Vom Telegraphenkabel über Kupfer- und Koaxialleitungen bis hin zur Glasfaser der 1970er-Jahre hat jede Innovation mehr Geschwindigkeit und mehr Reichweite gebracht. Mit der Hohlkernfaser kommt nun die nächste Neuerung - eine Glasfaser, die viel weniger Glas enthält, sondern stattdessen vor allem Luft.

Комментарии (0)

Оставить комментарий